Home

Ich hatte nie zu träumen gewagt, einmal über die Hofstallgasse (die eher ein Platz ist) mit dem Ziel Großes Festspielhaus zu schreiten und dann auch dieses noch zu betreten. Und nicht einfach so als Tourist, sondern als Konzertbesucher. Möglich gemacht hat das die (neue) Preispolitik der Osterfestspiele, einst von Herbert von Karajan gegründet. Während für Opernaufführungen bis zu knapp 500 € aufgerufen werden (pro Nase wohlgemerkt), konnten wir für 70 € hervorragend sitzen, sehen und vor allem hören. Und als ich Ende letzten Jahres davon erfuhr, daß der Kreuzchor erstmalig bei den Osterfestspielen konzertieren würde, bestellte ich umgehend Karten. Der Flug nach München war auch schnell gebucht. Nach einem kleinen bayerischen Imbiss bei Sigi und Peter in Höhenkirchen ging es auf die Autobahn nach Salzburg. Kurz vor Bad Reichenhall und der Grenze zu Österreich runter von der Autobahn und über Schleichwege nach Salzburg – um das „Pickerl“ (für die Maut) zu sparen. Man merkt da gar nicht, daß man die Grenze überschreitet – keine Kontrolle, keine Polizeibeamten, nichts.

Parken in der genialen Altstadtgarage (in den Fels hineingeschlagen), mit wenigen Schritten ist man am Herbert-von-Karajan-Platz und dem Großen Festspielhaus. Erst mal die Konzertkarten abgeholt und dann am „Goldenen Hirschen“ vorbei zur Getreidegasse. Schaufensterbummel. Entsetzen: im Mozarthaus ist unten ein Spar-Supermarkt drin, der sich (natürlich) auch noch so nennt: Spar im Mozarthaus. Die Getreidegasse fast durchgehend Baustelle. Erstaunlich viele Touristen auf den Straßen – allerdings nichts im Vergleich zu den Sommermonaten. Kaffeedurst. Besuch im Café Tomaselli. Brechend voll. Natürlich. Wir ergattern die freiwerdenden Plätze einer Familie in einer der Nischen im Erdgeschoss. Kaffee ist beim Ober schnell bestellt, dann erscheint eine Dame mit riesigem Tablett, darauf die Kuchen- und Tortenspezialitäten des Hauses. Ich wähle natürlich „Mozart-Torte“ mit einem schokoladigen Notenschlüssel darauf. Das Verlassen des Cafés verzögert sich etwas, weil eine Reisegruppe von geschätzt tausend Asiaten das Etablissement stürmt.

Dann wird es so langsam Zeit fürs Konzert. Wir nähern uns dem Großen Festspielhaus über die Hofstallgasse. Hinein und stracks zur Garderobe – wie in der Berliner Philharmonie – kostenlos. Zur Feier des Tages ein Gläschen Schlumberger brut. Sehr lecker. Unsere Plätze befinden sich „Parterre links“ in der 15. Reihe. Das Große Festspielhaus ist wirklich groß! Wir sitzen fast in der Mitte und haben einen guten Blick auf die Bühne. Als ein Sprecher der Osterfestspiele auf der Bühne erscheint und uns begrüßt, ahnt man schon Schlimmes. Er kündigt aber „nur“ eine kleine Programmänderung an: Die Ouvertüre zur Oper „Der Freischütz“ von Weber kann leider nicht musiziert werden, weil der Meister Christian Thielemann (auch Künstlerischer Leiter der Osterfestspiele) erkrankt sei und das Stück nicht habe proben können… Na ja, es hätte schlimmer kommen können. So also gleich am Anfang Carl Maria von Webers Missa sancta Nr. 1 Es-Dur. Ich muß gestehen, das Werk vorher nicht gekannt zu haben. Der Chor ist präsent, die Akustik tut ihr übriges dazu. Roderich Kreile dirigiert. Herausragend die blutjunge Sopranistin Anna Lucia Richter. Mühelos erklimmt sie die höchsten Höhen, ohne Anstrengung, einfach unglaublich. Alleine ihr zu lauschen hat die Anreise schon gelohnt! Diese Messe muß schnell in meine CD-Sammlung.

Nach der Pause Bachs H-Moll-Messe in der Urfassung. Auch hier muß ich gestehen, daß ich nicht wußte, daß es eine solche gibt. Vorteil dieser Urfassung: sie ist bei Weitem nicht so ausladend und lang wie die mir bisher bekannte Version. Nur „Kyrie“ und „Gloria“. Wunderbar. Der Chor übertrifft sich selbst. Ich glaube, ich habe den Kreuzchor noch nie so gut gehört wie am letzten Mittwoch in Salzburg. Am Schluss Beifallsstürme für alle Künstler, als Roderich Kreile aber sich neben den Chor stellt, branden Bravo-Rufe auf, es wird getrampelt! Zu Recht! Der Kreuzchor hat neue „Fans“ gewonnen! Und das ist gut so.

Quasi als „Zugabe“ gibt es das „Dona nobis pacem“ aus der Bachschen H-Moll-Messe, mit dem die Musiker der Opfer und deren Angehöriger der Anschläge in Brüssel ihre Referenz erweisen wollen. Roderich Kreile wünscht sich, daß nach dieser Zugabe alle ruhig, still und nachdenklich nach Hause gehen. Leider haben diesen Hinweis auf keinen Beifall nicht alle verstanden… Immerhin gibt es eine lange Gedenkminute nach Verklingen des letzten Tons.

Nach einer kleinen Jause in einem urigen Lokal in der Salzburger Altstadt Rückfahrt nach München.

Es war ein beeindruckender Abend, den ich nicht so schnell vergessen werde!Vor dem Mozarthaus Edingers Café Tomaselli Mozarttorte Tomaselli Spar im Mozarthaus Vor dem Festspielhaus 2 Eintrittskarte IMG_1514